Selbstinjektion kann Leben retten

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Bad Homburg, Februar 2013 – Es waren dramatische Momente nach dem Abpfiff, als Ex-Nationalspieler Gerald Asamoah Anfang Februar in der Kabine zusammenbrach. Die Diagnose: allergischer Schock nach Nusskuchenverzehr. Gerald Asamoah ging es nach der Behandlung durch die Sanitäter vor Ort bald wieder besser. Doch das verläuft nicht immer so glimpflich – im schlimmsten Fall kann sich eine allergische Reaktion zu ihrer Maximalvariante dem so genannten anaphylaktischen Schock ausweiten. Innerhalb von Minuten kann dabei der Betroffene in einen lebensgefährlichen Zustand geraten. „Das ist ein echter Notfall, in dem sofort gehandelt werden muss“ so Prof. Dr. Ludger Klimek, Leiter des Allergiezentrums in Wiesbaden. „Auf den Notarzt zu warten, kann bereits zu lange dauern. Vielmehr sollte jeder Gefährdete ständig ein Notfallset zur Selbstmedikation bei sich tragen. Das Notfallset besteht neben einem Kortisonpräparat und einem Antihistaminikum aus einem Adrenalin-Autoinjektor, mit dem jeder im Fall der Fälle das lebensrettende Adrenalin schnell und sicher verabreichen kann“ erläutert Prof. Klimek.

Bei einem anaphylaktischen Schock können verschiedene Organsysteme gleichzeitig betroffen sein: Schwellungen an Haut und Schleimhäuten (z. B. Rachenschwellungen, die die Atmung behindern), Atemnot bis zum Atemstillstand, Übelkeit, schwerer Blutdruckabfall, Herzstillstand und Bewusstlosigkeit. Dabei können sich die Symptome schnell über Minuten hinweg entwickeln oder sich langsam über Stunden von zunächst harmlos wirkenden Beschwerden zu schweren Zuständen ausweiten. Das geeignetste Mittel, um diese gefährliche Situation zu durchbrechen, ist das körpereigene Hormon Adrenalin. Adrenalin steigert den Blutdruck, normalisiert die Atmung, regt den Herzschlag an und lässt Schwellungen abklingen. Adrenalin muss bei den ersten Anzeichen einer schweren allergischen Reaktion, wenn mindestens zwei Organe betroffen sind (s. Abb. 1), durch Injektion in den Oberschenkelmuskel verabreicht werden. „Mit einem so genannten Autoinjektor, der bereits mit Adrenalin befüllt ist, ist das entweder für den Betroffenen selbst oder für andere gut möglich. Um sich jedoch im Notfall sicher zu fühlen, sollte jeder Patient – bei betroffenen Kindern auch Eltern und Lehrer – den Umgang mit dem Injektor üben. Dazu hält der Arzt Trainingsgeräte ohne Nadel und Medikament vorrätig. Außerdem gibt es verschiedenes Broschüren- und Servicematerial der Hersteller“, empfiehlt Klimek. Parallel zum Spritzen des Adrenalins sollte schnellstmöglich Hilfe über den Notruf 112 angefordert werden, damit der Patient weiter medizinisch versorgt werden kann. Adrenalin-Autoinjektoren sind zum Einmalgebrauch im Notfall bestimmt und müssen vom Arzt verordnet werden. „Entscheidend für die Gesundheit der Patienten ist, dass sie ihr Notfallset mit dem Autoinjektor stets bei sich tragen und ihn im Zweifel benutzen – Nichtstun kann dagegen fatale Folgen haben“, appelliert Klimek.

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Abb. 1: Schwere allergische Reaktionen, bei denen eine Autoinjektion mit Adrenalin erfolgen muss. ABER: nicht zögern und Adrenalin-Injektion anwenden, um Leben zu retten!

Hintergrund anaphylaktischer Schock
Ein anaphylaktischer Schock ist die Maximalvariante einer allergischen Reaktion mit lebensgefährlichen Auswirkungen. Dabei reagiert der Körper auf bestimmte Substanzen (Allergene), die normalerweise harmlos sind, mit einer überschießenden Immunantwort. Das kann fatale Auswirkungen auf verschiedene Organsysteme gleichzeitig haben: Haut, Atemwege, Magen- Darm-Trakt und Herz-Kreislaufsystem. Die häufigsten Auslöser dieses Schockzustands sind Nahrungsmittel (z.B. Nüsse, Milch, Fisch, Schalentiere), Insektengift (z. B. durch Bienen-, Wespen-, Hummel- oder Hornissenstich) und Medikamente (z. B. Antibiotika, Schmerzmittel, Narkose- und Röntgenkontrastmittel). Über die Häufigkeit anaphylaktischer Reaktionen in Deutschland gibt es derzeit keine Angaben.

Die Symptome in ihrer schwersten Ausprägung sind: Atemnot, Blutdruckabfall, Bewusstlosigkeit, Herz-Kreislaufstillstand und / oder Atemstillstand. Ob ein Allergiker anaphylaxiegefährdet ist, sollte er mit seinem Arzt besprechen. Es gibt keinen speziellen Anaphylaxietest, jedoch kann der Allergologe aus der bisherigen Krankheitsgeschichte mit eventuell bereits stattgefundenen starken allergischen Reaktionen ein Risikoprofil ermitteln. Zur Therapie der allergischen Reaktion werden je nach Ausprägungsgrad orale Antihistaminika, Glukokortikoide, ß2-Mimetika und für die Notfallbehandlung Adrenalin eingesetzt. Erste Maßgabe sollte natürlich die Prävention der allergischen Reaktion durch die Vermeidung des Auslösers sein.

Quelle: Zentrum für Allergologie und Rhinologie Wiesbaden