Wer Reitsportler ist, weiß, dass der Umgang mit Pferden keine hygienisch saubere Angelegenheit ist. Allein ein Pferd zu putzen, das gerade einen ausgiebigen Koppelgang mit Wälzen im Matsch hinter sich hat, bedeutet nicht selten, dass man selbst binnen weniger Minuten in einer Staub- bzw. Dreckwolke steht. Tierhaare, Staubpartikel und Hautschuppen werden beim Striegeln des Fells gelöst und durch die Luft gewirbelt. Pferdehaarallergiker reagieren dann mit Niesreiz, einer laufenden oder verstopften Nase sowie juckenden, brennenden und tränenden Augen bis hin zum allergischen Asthma mit Schockreaktion. Auch atopische Ekzeme sind möglich. Die auslösenden Allergene für die allergische Reaktion befinden sich in den Haaren, Hautschuppen, dem Speichel und im Urin der Pferde.
In Deutschland leiden etwa 500.000 Menschen an einer Pferdehaarallergie. In Ställen und Höfen wimmelt es nur so vor Allergenen (u.a. auch Milben, Pollen, Schimmel), was für Pferdehaarallergiker mehr als ungünstig ist, vor allem dann, wenn sie z.B. zusätzlich gegen Getreide, Schimmel, Hausstaubmilben oder Gräser allergisch sind. Was also tun, wenn man begeisterter Pferdeliebhaber ist, aber aufgrund der Allergie kaum noch die Reitanlage betreten kann? Das Hobby aufgeben? Sich speziell therapieren lassen? In Deutschland ist der Einsatz der Subkutanen oder Sublingualen Immuntherapie (SIT) für Pferdehaarallergiker eher unüblich, da die weltweite Studienlage zu diesem Thema noch unausgereift ist. Ein Ausweg aus dem Dilemma scheint eine spezielle Pferderasse zu sein.
Curly Horses für Pferdeallergiker
Einer Beobachtungsstudie zufolge erlauben es Curly Horses Pferdeallergikern wieder zu reiten. Bei Curly Horses handelt es sich um Robustpferde, die sehr unempfindlich auf Witterungseinflüsse reagieren. Auffallend ist das gelockte Winterfell sowie das als unkompliziert und gutmütig beschriebene Wesen der Tiere. Der genaue Ursprung der Rasse ist nicht bekannt. Den Curly Horses wird ein geringeres Maß an Allerginität zugeschrieben als anderen Pferderassen. Möglicherweise kommt es bei diesem Pferdetyp mit veränderter Haarstruktur (runde, etwas feinere und öligere Haare) zu einer verminderten Freisetzung von Allergenen (ausgenommen sind die ca. zwei Monate nach Winterende, in denen der Fellwechsel stattfindet).
Das Team um Dr. Wolfgang Mitlehner, Arzt für Innere Medizin, Lungen- und Bronchialheilkunde und Allergologie in Klappholz, untersuchte 40 pferdeallergische Reiter in einem Zeitraum von 37 Monaten. Die Patienten wurden mittels Haut-Prick-Test getestet (verschiedenen Materialien von anderen Pferderassen und Curly-Pferden). Die Auswirkungen von Reitstunden und Pferdestriegeln ermittelte man über verschiedene Messungen (Peak-Flow, Tiffeneau-Test, Naseninspirationsflow) über zwölf Monate.
Hypoallergene Eigenschaften
Am Ende des Beobachtungszeitraums zeigten 37 der 40 Patienten keine relevanten Reaktionen der unteren Atemwege oder des Nasenflusses. Nur bei drei Patienten wurde zu Beginn ein deutlicher Rückgang der FEV1 (forced expiratory volume in 1 second), beobachtet, der nach Angaben der Wissenschaftler durch eine einzige Inhalation von Salbutamol beseitigt werden konnte und sich trotz weiterer Reitkontakte nicht wiederholte.
Der weitere und regelmäßige Kontakt zu den Curly Horses führte dann dazu, dass die anfänglichen leichten allergischen Reaktionen bei Kontakt nicht mehr auftraten. Dies sei, so die Autoren, möglicherweise auf die hypoallergenen Eigenschaften dieser Pferderasse zurückzuführen. Das Testmaterial der Curly Horses zeigte im Haut-Prick-Test schwächere Reaktionen als das Material normaler Pferde.
Die getesteten reinrassigen Curly Horses könnten, so das Fazit der Autoren, unter bestimmten Voraussetzungen eine geeignete Alternative für Reiter mit einer Pferdeallergie sein.
Weiterführende Informationen
Mitlehner W et al. (2015) Horse Allergy: Curly Horses Allow Horse Allergic Riders to Ride Again. Pneumologie 69(12):711-718. DOI: 10.1055/s-0034-1393396
Bildquelle: Lindsayanne at English Wikipedia