Isolation beeinflusst das Immunsystem

Isolation beeinflusst das Immunsystem

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Isoliert, kalt, dunkel, fernab der Zivilisation und mit wenig Sauerstoff in der Atemluft: Die Concordia Station ist ein Forschungslabor in der Antarktis und liegt auf 3233 Metern Höhe. Dort wird es im Winter bis zu minus 85 Grad kalt.

Vierzehn Eisforscher waren über Monate in dieser Station isoliert und eingeschlossen, zu Forschungszwecken. Eine Gruppe internationaler Wissenschaftler wollte prüfen, wie sich der Körper und das menschliche Immunsystem an eine derart extreme Umgebung anpassen.

In den ersten Wochen nach ihrer Ankunft auf der Concordia Station erkrankten die untersuchten Eisforscher an meist harmlosen Infektionen, wie zum Beispiel Erkältungen und Magen-Darm-Beschwerden. Ursächlich war immer ein geschwächtes Immunsystem. Das hatten die Forscher auch so erwartet, da bereits bekannt ist, dass ein kurzfristiger Mangel an Sauerstoff das Immunsystem schwächen kann.

Eisige Isolation führt zu gesteigerter Erregbarkeit des Immunsystems

Nicht zu erwarten war hingegen folgende Reaktion: Im Laufe ihres Aufenthalts auf der Station fuhr das Immunsystem der vierzehn Männer seine Erregbarkeit kontinuierlich hoch, und zwar genau in jener Zeit, als die Eisforscher weitgehend sich selbst überlassen waren. In diesen Monaten hatten die Probanden deutlich weniger Kontakt mit Antigenen aus der Umwelt, wie zum Beispiel Schnupfenviren oder Durchfallerregern.

Diese Isolation führte jedoch nicht zu einem Abkühlen der körpereigenen Abwehrmechanismen, sondern zu einer nicht erwarteten hohen Reizbarkeit des Systems, so wie es von Allergien und Autoimmunerkrankungen bekannt ist. Die Wissenschaftler vermuten, dass das Immunsystem der Probanden in dieser Situation nicht mehr wusste, welchen Gegner es zu bekämpfen hat und auf bekannte Antigene besonders stark reagierte.

Sauerstoffmangel als Hauptauslöser

Die Forscher nehmen an, dass der Sauerstoffmangel hauptverantwortlich für das übersensibilisierte Immunsystem war. Im Blut der untersuchten Eisforscher fanden sich zudem hohe Konzentrationen an Stresshormonen. Die Wissenschaftler erklären sich diese Befunde dadurch, dass der Körper kurzfristig mit einer Stressreaktion auf einen Mangel an Sauerstoff antwortet. Möglich ist auch eine im Kopf ausgelöste Stressreaktion, die durch die Isolation im Eis gegeben ist.

Die Zeit danach

In einer weiteren Studie wollen die Wissenschaftler nun Rückkehrer solcher abgeschirmten Forschungsstationen über ein Jahr begleiten und prüfen, ob sich deren Immunsystem wieder einpendelt, oder ob es enthemmt bleibt. Vereinzelt konnte bereits gezeigt werden, dass manche der zurückgekehrten Eisforscher nach ihrem Aufenthalt in der Antarktis vermehrt unter Allergien leiden, weil ihr Immunsystem auf verschiedene Umwelteinflüsse übertrieben antwortet.

Quellen

Süddeutsche Zeitung

Feuerecker M et al (2018) Immune sensitization during one year in the Antarctic high altitude Concordia Environment. Allergy DOI: 10.1111/all.13545