Dicke Luft durch Stickstoffdioxid

Dicke Luft durch Stickstoffdioxid

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In einigen deutschen Großstädten haben Diesel-Fahrer bald nichts mehr zu lachen. Das Bayerische Verwaltungsgericht verlangt, bis Ende 2017 Fahrverbote für die bayerische Landeshauptstadt vorzubereiten. Köln denkt über eine City-Maut nach und die EU-Kommission will gegen die Bundesregierung klagen, weil die Luft in 28 deutschen Ballungsräumen zu dreckig ist. Die allgemeine Verunsicherung wächst und Autokäufer fragen sich, ob sie das Wagnis „Diesel“ überhaupt noch eingehen sollen. Die ADAC motorwelt berichtet in ihrer Aprilausgabe über das Thema Luftverschmutzung, ihre Folgen und sinnvolle Gegenmaßnahmen.

Bereits 1994 publizierten Mediziner Erkenntnisse, nach denen Kinder, die an Hauptverkehrsstraßen lebten, häufiger als Gleichaltrige Asthmasymptome aufwiesen. Die Wahrscheinlichkeit, zu erkranken, war und ist an Orten mit viel Straßenverkehr deutlich höher als in beruhigteren Gebieten. Am Straßenrand konnten in der Luft unterschiedlichste Stoffe verschiedenster Quellen (Industrieanlagen, Baustellen, Kamine, Kraftfahrzeuge) nachgewiesen werden, wie Grob- und Feinstaub, Stickstoffoxid, Ozon und Benzol. Die Konzentration dieser Stoffe steigt dabei mit zunehmender Nähe zu den Hauptverkehrsstraßen deutlich an. Für die hohe Schadstoffbelastung sind vor allem Autos, Lastkraft- oder Lieferwagen verantwortlich, sei es durch Abgase, Reifenabrieb oder Staub. Um die Belastung dauerhaft zu senken, führte die Europäische Union im Jahr 1999 Grenzwerte ein.

240 verkehrsnahe Messstellen

240 verkehrsnahe Messstellen wurden in der Folge deutschlandweit eingerichtet. Einige Erfolge sind bereits jetzt sichtbar. Die Feinstaubbelastung fiel inzwischen fast überall unter den EU-Grenzwert, was vor allem am Partikelfilter liegt, der seit Einführung der Euro 4-Norm 2005 in Diesel-Neuwagen eingebaut wird. Ausnahme ist Stuttgart: Aufgrund der Kessellage sammelt sich hier bei Inversionswetterlagen der Feinstaub, was dazu führt, dass die Grenzwerte weiter jedes Jahr überschritten werden.

Ganz anders sieht es beim Stickstoffdioxid (NO2) aus. Über die Hälfte der Messstellen zeigt hier zu viel Konzentration in der Luft an. In Düsseldorf reagierte das städtische Umweltamt sofort und entwickelte Luftreinhaltepläne mit verschiedenen Maßnahmen. Nur an den Stickstoffdioxid-Konzentrationen ändert sich dadurch so gut wie nichts. Nach einer Klage der Deutschen Umwelthilfe entschied das Verwaltungsgericht 2016, dass die Stadt einen neuen Luftreinhalteplan aufstellen muss, in dem Fahrverbote für Diesel als Hauptverursacher des Stickstoffdioxid-Ausstoßes zumindest erwogen werden. Vertreter des Deutschen Städtetages rechnen mit zeitlich begrenzten Fahrverboten für Diesel-PKW.

Autokonzerne in der Verantwortung

Autokonzerne stehen in der Verantwortung. Hergestellt werden müssen Autos mit gut funktionierender Abgasreinigung. Nötig sind zudem verbindliche Erfolgskontrollen durch die Behörden. Möglichst viele Autos sollten entsprechend nachgerüstet werden, um die Schadstoffemissionen zu verringern.

Abgesehen von diesen technischen Anpassungen können auch die Kommunen etwas für die Luftqualität tun. Stuttgart beispielsweise informiert die Öffentlichkeit intensiv über die aktuelle Feinstaub- und Stickstoffdioxid-Belastung. Die Bereitschaft, auf öffentliche Verkehrsmittel auszuweichen, steigt dadurch möglicherweise. Aber auch eine gezielte Steuerung des Lieferverkehrs, ein gut ausgebautes Nahverkehrsnetz, mehr grüne Wellen, die Förderung von Hybrid- oder E-Taxis, Job-Tickets vom Arbeitgeber, Fahrgemeinschaften und mehr städtische Grünflächen nutzen der Umwelt und letztlich der Gesundheit.

Quelle

ADAC motorwelt 4 (2017): 11-17