Apfelallergie – es kommt auf die Sorte an

Apfelallergie – es kommt auf die Sorte an

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Der Biss in einen saftigen Apfel ist erfrischend und gesund. Die Energiebilanz des Obsts ist allgemein prima: es enthält viele Vitamine, Mineral- und Ballaststoffe und so gut wie kein Fett. Äpfel bestehen größtenteils aus Wasser und zählen daher zu den kalorienarmen Lebensmitteln. So weit so gut. Was den einen gesund hält, macht den anderen jedoch krank: Zwei Millionen Deutsche sind von einer Apfelallergie betroffen und müssen beim Verzehr von Äpfeln ganz besonders aufpassen. Auch in anderen europäischen Ländern gibt es Apfelallergiker. Dabei zeigen Nord- und Mitteleuropäer weniger starke allergische Reaktionen auf Äpfel als Südeuropäer. Der Grund: Die Allergene sind unterschiedlich.

Kreuzreaktionen bei Birkenpollenallergie in Nord- und Mitteleuropa

Apfelallergiker in Nord- und Mitteleuropa bemerken häufig während bzw. direkt nach dem Verzehr von frischen Äpfeln Reizungen in Mund und Rachen. Darüber hinaus sind Juckreiz an der Nase oder den Augen, Brennen, Niesen, Haut- und Atembeschwerden möglich. Das Immunsystem der Betroffenen reagiert auf das Apfelprotein Mal d 1, das auch in einer Reihe verschiedener Pflanzenarten vorkommt. Bei Birkenpollen spielt zum Beispiel das Allergen Bet v 1 eine wichtige Rolle bei der Auslösung der Birkenpollenallergie. Mal d 1 und Bet v 1 ähneln sich in ihrer molekularen Struktur, so dass beide Allergene von den gleichen Antikörpern des Immunsystems erkannt werden und Kreuzreaktionen auslösen. Reagiert das Immunsystem auf Mal d 1, liegt meist schon eine Sensibilisierung gegenüber Birkenpollen vor. Man spricht in diesem Zusammenhang von einer pollenassoziierten Nahrungsmittelallergie. Schätzungsweise 50 bis 75 Prozent aller Birkenpollenallergiker in Nord- und Mitteleuropa haben auch eine Apfelallergie.

In Südeuropa spielen diese Kreuzreaktionen bei der Entstehung einer Apfelallergie keine Rolle. Allergieauslösend ist hier vor allem die Schale der Frucht. Dort befindet sich das Allergen Mal d 3. Dieses Protein kommt in vielen Pflanzen vor und wehrt bakterielle Infektionen und Pilzinfektionen ab. Mal d 3 ist unempfindlich gegenüber Hitze, weshalb Apfelallergiker in Südeuropa sowohl nach dem Verzehr von frischen wie auch verarbeiteten Äpfeln mit entsprechenden Symptomen (u.a. Hautausschlag, Herz-Kreislauf-Probleme, Magen-Darm-Störungen, anaphylaktischer Schock) reagieren. Möglich sind auch Kreuzreaktionen zu molekular ähnlich aufgebauten Proteinen anderer Früchte (z.B. Pfirsiche).

Apfelkompott statt Frischobst

Müssen Apfelallergiker hierzulande nun auf den Verzehr von Äpfeln komplett verzichten? Die Antwort ist nein. Es kommt auf die Zubereitung des Obsts an. Apfelallergikern wird geraten, Äpfel nur im verarbeiteten (Erhitzung!) Zustand zu verzehren, denn das Protein Mal d 1 ist empfindlich gegenüber Verarbeitung.

Also nur noch Apfelkompott oder Apfelmus essen? Nein. Beim Kauf lohnt ein Blick auf die Apfelsorte. Zu entscheiden ist zwischen Neuzüchtungen und alten Apfelsorten. Eine wichtige Rolle spielen die Polyphenole (sekundäre Pflanzenstoffe). Sie sorgen für den leicht säuerlichen Geschmack von Äpfeln und bewirken auch, dass der Apfel beim Anschneiden schneller braun wird. Man vermutet, dass das Polyphenol die Allergene im Apfel unschädlich macht. Polyphenole kommen vor allem in alten Apfelsorten (z.B. Alkmene, Freiherr von Berlepsch, Boskoop, Goldparmäne, Prinz Albrecht von Preußen, Ontario) vor.

Die neu gezüchteten Apfelsorten enthalten nur wenig Polyphenole. Sie wurden größtenteils herausgezüchtet. Das heißt, viele Neuzüchtungen haben das Potenzial, bei entsprechend sensibilisierten Personen Allergien auszulösen. Hinzu kommt: Bei vielen Neuzüchtungen wurde die hoch allergene Apfelsorte Golden Delicious eingekreuzt.

Sind alte Apfelsorten also besser verträglich als neue? Welche der alten Apfelsorten Allergiker vertragen oder nicht, ist kaum untersucht. Im Rahmen wissenschaftlicher Testungen konnten Apfelsorten mit hohem und geringem allergenen Potenzial identifiziert werden (siehe Tabelle 1).

Tab. 1: Mal d 1-bezogene Allergenität von Apfelsorten (nach Grafe C, 2009)

Apfelsorte Allergenität Testverfahren
Golden Delicious hoch Proteinbiochemische Tests, immunchemische Tests mit Allergikerseren, wiederholte Hauttestungen und orale Provokationen
Fuji hoch bis mittel m-RNA-Analyse, Hauttest, immunchemischer Test mit monoklonalem Antikörper
Granny Smith hoch bis mittel Proteinbiochemische Tests, immunchemische Tests mit Allergikerseren, Hauttest, orale Provokation
Alkmene mittel Proteinbiochemische Tests, immunchemische Tests mit Allergikerseren, orale Provokation
Gloster mittel bis niedrig Proteinbiochemische Tests, immunchemische Tests mit Allergikerseren, Hauttest, orale Provokation
Altländer Pfannkuchenapfel niedrig Proteinbiochemischer Test, orale Provokation
Jamba niedrig Proteinbiochemische Tests, immunchemische Tests mit Allergikerseren, Hauttest, orale Provokation
Santana niedrig wiederholte Hauttestungen und orale Provokationen

Ebenso haben das Reifestadium und die Lagerungsart bzw. -dauer einen Einfluss auf die Allergenität von Äpfeln. Im Laufe der Lagerzeit baut sich der Polyphenolgehalt in den Äpfeln ab. Es kann also durchaus sein, dass ein bisher verträglicher Apfel auf einmal unverträglicher wird. Jeder Apfelallergiker reagiert darauf unterschiedlich.

Welche Sorten können Apfelallergiker essen?

Der BUND-Lemgo gibt auf seinen Seiten einen guten Überblick und viele Informationen zum Thema Apfelallergie.

Dort finden Betroffene auch eine Zusammenstellung von Apfelsorten, die von Allergikern selbst getestet wurden. Hier geht es zur aktuellen (Oktober 2017) Statistik zu verträglichen und unverträglichen Apfelsorten.

Wer in seiner Region nach verträglichen Äpfeln sucht, der kann sich darüber hinaus an Christian Fritschle von waldexperten.de wenden.

Aktuelle Studie zur Apfelallergie

Seit den 1990er-Jahren gehen Wissenschaftler der Apfelallergie näher auf den Grund. In einer aktuellen Studie wollen Forscher unter anderem herausbekommen, welche Apfelsorten für Allergiker verträglich sind und ob durch regelmäßigen Konsum von verträglichen Äpfeln möglicherweise eine Desensibilisierung erreichbar ist.

Quellen

Grafe C (2009) Apfelallergie: Aktueller Wissensstand und Ausblick. OBSTBAU 12: 618-620

BUND-Lemgo

NDR.de