Auslöser einer Pollenallergie sind Bestandteile von Pollen. Genau genommen sind es die in den Pollenkörnern enthaltenen Eiweiße. Da diese Pollenallergene gut wasserlöslich sind, dringen sie nicht nur leicht in die pflanzlichen Zellen, sondern auch schnell durch die wasserhaltige Nasenschleimhaut in den Menschen. Dort können sie dann eine allergische Reaktion (verstärkte Immunantwort, Entzündungsreaktion) bewirken.
Offenbar „arbeiten“ die Pollenallergene jedoch nicht alleine, wie eine aktuelle Untersuchung zeigt. Nicht-allergene Pollensubstanzen verstärken demnach die Immunreaktion, die sich in roter Nase, Niesen oder Schnupfen äußern kann. Denn: Bei Schleimhautkontakt werden diese nicht-allergenen Substanzen ebenfalls freigesetzt.
Ein Forscherteam der Technischen Universität München (TUM) und des Helmholtz-Zentrums München hat erstmals die Wirkung dieser Stoffe auf Allergiker näher untersucht.
Nicht-allergenes Birkenpollenextrakt
Bei der Birkenpollenallergie spielt vor allem das Protein Bet v 1 eine wichtige Rolle. Die Wissenschaftler filterten dieses Allergen aus Extrakten von Birkenpollen heraus. Übrig blieben die nicht-allergenen, niedermolekularen Substanzen des Birkenpollens. Die Wissenschaftler prüften dann mehrere Kombinationen aus Allergen und niedermolekularen Substanzen auf der Haut von Pollenallergikern (Prick-Test, Nase).
Das Ergebnis: die niedermolekularen Substanzen allein brachten keinen Effekt. Erst die Kombination mit Allergenen führte zu besonders starken Reaktionen, sowohl beim Prick-Test als auch bei der Aufnahme über die Nase. Diese allergischen Reaktionen waren deutlich stärker als wenn das Allergen nur allein appliziert wurde.
Auswirkungen auf zukünftige Therapie
Weitere Tests ergaben, dass der nicht-allergene Birkenpollenextrakt nicht nur bei Birkenallergikern verstärkte Reaktionen auslöste, sondern auch bei Menschen mit einer Allergie gegen Gräserpollen. Auch hier führte das Gräserpollenallergen gemeinsam mit dem nicht-allergenen Birkenpollenextrakt zu verstärkten allergischen Reaktionen. Nach Ansicht der Wissenschaftler ist die entzündliche Wirkung der niedermolekularen Bestandteile ein unspezifischer Effekt, der nicht mit einem bestimmten Allergen zusammenhängt. Man vermutet ein Zusammenspiel verschiedener niedermolekularer Substanzen (ca. 1000), die für den allergieverstärkenden Effekt verantwortlich sind.
Für die Behandlung von Allergien, insbesondere die spezifische Immuntherapie (Hyposensibilisierung), hat diese Erkenntnis möglicherweise weitreichende Folgen. Ein Grund dafür, dass nur bis zu 70 % der Hyposensibilisierungen anschlagen, könnten – so die Wissenschaftler – die nicht-allergenen, aber entzündungsfördernden Inhaltsstoffe sein, die sich negativ auf die Behandlung auswirken.
Quellen
Gilles-Stein, S et al (2016) Pollen derived low molecular compounds enhance the human allergen specific immune response in vivo. Clinical & Experimental Allergy. Published Online First. DOI: 10.1111/cea.12739